Wir alle kennen ihn... den Modellbau-Blues...
Dieses "Null-Bock-Gefühl" beschleicht jeden mal. Es ist neben dem "Alle-Teile-fressenden-Teppichmonster" der größte Gegner des Modellbauers. Mir ging es vor kurzem genauso. Alles war zu viel und die laufenden Projekte reizten mich nicht mehr besonders. Selbst die hundert Schachteln mit neuen Bausätzen hatten keinen Reiz mehr. Also verließ ich mein Bastellreich wie es war... Chaos pur.... Überall Werkzeug, Teile, Schachteln...
Hatte ja auch keinen Bock mehr, nicht mal mehr zum Aufräumen. Nach zwei Monaten wieder ein vorsichtiger Blick.... alles noch da... aber keiner hat aufgeräumt... Und so ging ich wieder. Vielleicht räumt ja jemand auf....
Je mehr ich mein übervolles Lager anschaute, desto mehr empfand ich es als Belastung. Ich habe begonnen doppelte Bausätze zu markieren. Kits bei denen ich mir sicher war, "die baust du nie" bekamen ein "Bapperl". Der Entschluss stand fest: sie mussten weg! Schließlich konnte man Kleingeld für neues Werkzeug, Projekte, Ideen usw. immer brauchen. Hier halfen diverse Internet-Foren und ein bekanntes Internet-Aktionshaus.
Der Reiz der alten Projekte war immer noch nicht da. Die Schachteln im Lager sahen jedoch nicht mehr ganz so trist und trostlos aus. Ich begann wieder in Foren und sozialen Medien über Modellbau zu lesen. Mit dem nötigen Kleingeld aus dem Verkauf hatte ich ja wieder andere Möglichkeiten. Doch etwas störte mich immer noch ungemein: Dieses Chaos an meinem Arbeitsplatz. Noch war es nicht soweit und ich verließ mein Zimmer wieder.
Es dauerte tatsächlich noch einige Wochen aber plötzlich war der Moment da: Ich räumte auf! Brachte Ordnung in meine Werkzeuge, sortierte meine Projekte. Es machte tatsächlich Spaß sich damit zu beschäftigen. Nach nur drei Stunden war das geschafft was ich vorher Monate vor mir her geschoben habe:
Einzig die Lust am Modellbau war nicht da. Ich hatte kein Projekt das mich zum vollenden lockte. Ein neues wollte ich nicht beginnen. Sind ja schon so viele. Ich machte das Licht aus und so verließ ich letztendlich wieder den Keller.
Oft sind wir auf ein Thema im Modellbau fixiert. Jeder von uns hat meist einen Bereich der ihn/sie besonders interessiert. Bei mir sind es Flugzeuge im Maßstab 1/48. Mein Sohn hat sich zum Geburtstag ein RC Auto in 1/18 gekauft. Schaut ganz nett aus dachte ich mir. Ich sah die strahlenden Augen des 10 Jährigen als er seinem Boliden über Straße, Gehwege und Wiese steuerte. Alle Hindernisse wurden mit Bravour gemeistert. Es kam das was unausweichlich ist. Es musste eine Sprungschanze her!
Steine und Brett geholt, fertig. Der Wagen rast mit Höchstgeschwindigkeit auf das Hinderniss zu, fliegt und kommt mit der rechten Hinterachse auf. Außer Kontrolle kam der Bordstein immer näher.
Achsträger hinten und Stoßstange vorne warten zerborsten, das Auto damit nicht mehr fahrbereit. Das traurige Gesicht vom Junior könnt ihr euch sicherlich vorstellen.
Ich nahm den Patienten mit den Bastellkeller/OP-Bereich und begann eine ausführliche Schadensaufnahme. Der Kleine immer an meiner Seite, reichte Werkzeug und Kleber. Kleber in der Hoffnung das man es damit reparieren kann. Da musste ich ihn enttäuschen und ich sah langsam Verzweiflung in seinem Blick aufkommen.
Über den Internetauftritt des Herstellers konnte ich in kurzer Zeit die benötigten Teile bestellen.
Nachdem das Auto repariert war musste natürlich eine Probefahrt gemacht werden bevor ich es dem Besitzer zurück geben konnte. Da war es! Es machte auch mir Spaß!
Und so kaufte auch ich mir ein RC-Auto. Wir machen nun Wettrennen im Hof, auf der Wiese und im Schlamm. Immer neue Strecken werden ausgewiesen und wir verbringen unsere Zeit nun gemeinsam mit "RC-Modellbau".
Um eine Facette des Modellbaus reicher freue ich mich inzwischen wieder auf meine Zeit im Bastellkeller. Zusammen mit meinem Sohn oder aber wieder an meinen Flugzeug-Projekten.
Meine Lehre aus dem Modellbau Blues:
Lass dir Zeit, der Spaß kommt wieder.
Sei offen für was neues
Richte einen Bereich für begonnene Projekte ein. Auch wenn es mal länger dauert bis sie fertig werden.
Alles hat seine Zeit, setzt dich nicht selber unter Druck.
Räume deinen Arbeitsbereich auf wenn du deine Tätigkeit beendet hast
Kaufe nicht jede Neuigkeit sofort.
Reduziere dein Lager auf nötigsten 100 Bausätze ;-)
Habt ihr weitere Tipps?
Ich würde mich freuen eure Erfahrungen zu lesen.